Zwei Spätsommerwochen in Polen: Zunächst in Warschau, dann in den masowischen Wäldern. Schließlich in Białystok und am Meer in Jastrzebia Góra.
Warm war es überall – dazu schön, sauber und sonnig. Warum sich also mit Deutschland beschäftigen? Weil in Sachsen und Thüringen gewählt wird? Weil nun auch VW in den Krisenmodus geraten zu sein scheint? Beim Treffen mit einem alten polnischen Bekannten konnte ich die Schadenfreude und die Sorgen heraushören, als das Gespräch auf den vermeintlichen Riesen in der Mitte Europas kam. Deutschland scheint sich übernommen zu haben, vermutet der Bekannte. Wirtschaftlich und moralisch.
Vor fast zwanzig Jahren habe ich gegenüber polnischen Freunden ein ähnlich marodes deutsches Zukunfts-Szenario beschrieben. Sie lachten damals. Wollten es nicht glauben – konnten es nicht glauben.
Inzwischen hat sich östlich der Oder einiges geändert. Man nimmt die Bundesrepublik nicht mehr so ernst in Polen. Die aus Sicht vieler gescheiterte Willkommenskultur, schwankende Zugverbindungen und Wirtschaftsdaten, eine diffuse Ukraine-Politik – aus der einstigen leading nation Deutschland scheint ein Patient geworden zu sein.
Ich hatte, während ich jetzt wieder etwas länger in Polen weilte, gelegentlich die Worte eines befreundeten deutschen Journalisten, der nicht in Gefahr steht, rechts zu sein, im Ohr: „Es ist nicht sehr angenehm, seinem Land beim Untergang zuzusehen.“
Vermutlich nicht. Aber ist eine solche Schwarzmalerei berechtigt? Ist sie nicht eher ein Teil des Problems anstelle der Lösung?
Ich verbinde mit dem Polen der Gegenwart nur romantische Untergänge, zum Beispiel, wenn die Sonne wie ein roter Ball langsam über dem Meer dahinschmilzt und sich tausendfach in den Wellen spiegelt. Polen ist ein Land mit Zukunft. Ich hoffe, dass ich eines Tages wieder ganz hierher zurückkehren kann.
Text: mee ©